Sprachliches Zeichen und SemantikSemantik
Die
Analyse der inhaltlich-konzeptuellen Seite der Sprache und der
Zuordnungsversuche von Bedeutung zu den von der Linguistik
erarbeiteten Strukturen (vom bedeutungsdifferenzierenden Phonem
über die bedeutungstragenden
Morpheme über die Syntagmen zu größeren Texteinheiten)
beschäftigt die Semantik. Allgemein akzeptierte Analyseunterscheidungen der Semantik Die bisherige Beschäftigung mit der Semantik hat
neben den wesentlichen Erkenntnissen, dass es z.B. eine
textlinguistische und eine
pragmatische
Komponente (z.B. die
Sprechakttheorien) neben der reinen Semantik gibt, einige
allgemein verbreitete Analyseunterscheidungen hervorgebracht. Dazu gehören
die syntagmatischen und paradigmatischen Beziehungen der
Semantik (die man auch in der Syntax findet), die Struktur von
Wortfeldern (aus der strukturalistischen Semantik), die
semantische Organisation des
Wortschatzes und die
Unterscheidung zwischen Denotation und
Konnotation. Syntagmatische und paradigmatische BeziehungenDie Wörter unseres Lexikons unterliegen zahlreichen Selektionsbeschränkungen, die etwas mit der syntagmatischen Struktur ihrer Bedeutung zu tun haben. Es gibt Affinitäten von bestimmten Strukturen zueinander. In den romanischen Sprachen haben etwa die Verben, die semantisch eine durative Aktionsart beinhalten, in der Vergangenheitstufe eine Affinität zum imperfektiven Aspekt (z.B. imparfait, imperfetto). Verben, die semantisch eine telischen Aktionsart (ein Ziel, eine Ende) beinhalten, tendieren zum perfektiven Aspekt (passé composé bzw. passé simple ). La guerre durait trente ans. (durative Aktionsart + imperfektiver Aspekt; am häufigsten) Il s´est noyé dans la piscine (telische
Aktionsart + perfektiver Aspekt; am
häufigsten) La guerre dura trente ans. (durative Aktionsart + perfektiver Aspekt, selten) Si quelqu´un se noyait et fut sauvé, est-ce qu´il est mort? Non! (telische Aktionsart + imperfektiver Aspekt, selten) Die Selektionsbeschränkungen sind abhängig von syntagmatischen (textlinguistischen, satzübergreifenden) Kriterien. Syntagmatische Selektionsbeschränkungen liegen etwa bei Wörtern wie krähen, bellen vor, die fast immer im Zusammenhang mit dem Hahn, Hund vorkommen, aber (selten) auch anders gebraucht werden können. Paradigmatische Selektionsbeschränkungen
liegen bei Wörtern vor, die dieselbe Stelle
im Satzparadigma einnehmen können/müssen. Dies wurde bereits
im Kapitel Morphologie deutlich und ist von Bedeutung für
die Ermittlung syntaktischer Strukturen im Rahmen der Konstituentengrammatik.
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WortfelderDie Wortfeldlehre ist vor allem von der strukturellen Semantik entwickelt worden und besitzt noch heute weitreichende Bedeutung für die Organisation des Lexikons. Wenn man zum Beispiel versucht, das Wortfeld für dt. "gehen" zu beschreiben, müssen alle Lexeme, die etwas mit dem Vorgang des Gehens zu tun haben, durch semantische Merkmale differenziert werden. Diese ermittelt man durch den Vergleich und die Kategorisierung aller Lexeme, die zusätzlich zu den differenzierenden Merkmalen das semantische Merkmal "Fortbewegung mit den Füßen" gemeinsam haben: gehen, laufen, rennen, schreiten, humpeln, etc. Auf diese Weise kommt man zu einer umfassenden Übersicht über die Struktur des Wortfeldes und über die Kriterien der semantischen Differenzierung. Diese Analysen sind für Differenzierungsvorgänge beim Spracherwerbsprozess (L2, L3, etc.) und in der Dolmetscherausbildung besonders wertvoll, da die lexikalischen Inventare verschiedener Sprachen hier oft große Unterschiede in ihrer Organisation aufweisen. Von erheblicher Relevanz wurden Wortfeldstudien, die ihm Rahmen historischer und soziolinguistischer Fragestellungen vorgenommen wurden. Als Musterbeispiel mag das Wortfeld "Frau " im weiteren Sinne und die damit verknüpften Berufsbezeichnungen in der Romania dienen. Auffallend sind dabei vor allem die sozialhistorischen - oft diskriminierenden - Asymetrien zwischen Mann und Frau. Musterbeispiel ist hierfür der Vergleich der frz. Termini femme und homme:
Bereits im (vulgär-)lateinischen System zeichnet sich die maskuline soziale Dominanz und die damit verbundene diskriminierende Asymetrie ab, die romanischen Sprachen entwickelten dies weiter:
Mensch, männl.,
älter Die romanische Sprachgeschichte offenbart eine Vielzahl solcher Asymetrien und offenbart dabei sozialgeschichtliche Bezüge. Es waren vor allem die "gender studies" in USA und die parallelen Forschungen dazu in Frankreich (Marina Yaguello) und in Deutschland (Tröml-Plötz, Christine Bierbach), die semantische Wortfeldstudien dazu nutzten, die in der Sprache ausgedrückte Diskriminierung der Geschlechter in das Blickfeld öffentlichen Interesses zu rücken. Die bis ins 20. Jahrhundert männlich dominierte Berufswelt und das damit verbundene berufsbezeichnende lexikalische Inventar dokumentiert deutlich die Zusammenhänge zwischen Sprache und Gesellschaft und verwies auf die Notwendigkeiten, hier Änderungen zum Abbau von Diskriminierung ("Mme le [!!] Président ") und Herstellung der Gleichberechtigung der Geschlechter herbeizuführen.
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Denotation und KonnotationDie Denotation erlaubt die Identifizierung des Referenzworts mit der zentralen Bedeutungskomponente. Jedoch kann bei jeder Denotation auch eine Konnotation virtuell vorhanden sein, die kultur- oder sozialspezifisch die zentrale Bedeutung um eine emotionale oder eine andere Komponente erweitert. Im Zeitalter der political correctness entwickelt man zunehmend vermeintlich wertfreie Termini, die solche ersetzen, die durch Konnotation belastet sind. Das rumänische Wort ţigan ist die Bezeichnung für die zweitgrößte ethnische Minderheit in Rumänien und wurde bis in die 80er Jahre mit dem deutschen Wort Zigeuner wiedergegeben. Dieser Ausdruck hat zahlreiche Konnotationen im Deutschen, die nicht zuletzt mit der Verfolgung der ethnischen Gruppe während des Faschismus, aber auch mit der Pejorisierung der Ethnie in der Nachkriegszeit zu tun hat. Die Konnotationen, die mit dem Ausdruck Zigeuner heute im Deutschen einhergehen, entsprechen nicht mehr der political correctness des 21. Jahrhunderts. Man verwendet daher heute im Deutschen Ausdücke wie Roma und Sinti, um negative Konnotationen zu vermeiden. Diese Form der political correctness ist (noch) nicht überall in der Romania üblich. Die Konnotationen zu dem Terminus sind in Rumänien anders strukturiert, beinhalten aber ebenfalls pejorative Elemente. Konnotationen sind deshalb nicht automatisch transkulturell, sondern müssen im Kontext der jeweiligen Sprache und ihrer Gesellschaft gesehen und analysiert werden. Häufig geben sie Anlass zu Missverständnissen: man vergleiche die Konnotationen von dt. Kollaboration und frz. collaboration.
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