Sprachverwandtschaften

Die jüngsten Entwicklungen 

Ansätze verschiedener Disziplinen

Die Spracherwerbsforschung zur Ontogenese der Sprache versuchte über die Sprachentwicklung des Kindes allgemeine Prinzipien zu finden, die Erklärungen für Sprachverwandtschaften bieten können. Ebenso versucht die linguistische Universalienforschung sogenannte übereinzelsprachliche Gesetzmäßigkeiten zu finden, die Sprachverwandtschaften verständlich machen und durch Dokumentation nicht-indoeuropäischer Sprachen (J. Greenberg) sprachliche Genealogien für afrikanische, asiatische oder autralische Sprachen zu erstellen.  Die Sprachtypologie befasst sich mit der Klassifizierung vieler unterschliedlicher Einzelsprachen zu Sprachengruppen ("Familien"), die genetisch bedingte (kognate) oder sytematische Ähnlichkeiten aufweisen.   

Protosprachen

Seit fast zwei Jahrhunderten teilen Sprachwissenschaftler die Objekte ihres Forschungsdrangs in etwa 200 Familien ein. Einige bestehen nur aus einem Mitglied, etwa das Baskische. Die meisten Familien allerdings beinhalten mehrere Sprachen, deren Ähnlichkeiten auf einen gemeinsamen Ursprung, die Protosprache der Familie zurückgehen. Für die Romania ist die Protosprache das Lateinische oder - genauer gesagt -  die vulgärlateinischen Varietäten des Imperium Romanum fungieren als regionale Protosprache(n). Die ältesten Protosprachen werden auf die Zeit vor etwa 7000 Jahren geschätzt. In den USA begann Joseph H. Greenberg (Stanford, CA) damit, Sprachfamilien zu vergleichen und Zusammenhänge zu ergründen. In seinem 1987 veröffentlichten Werk Languages in the Americas teilte er die schätzungsweise 1000 Idiome, die vor Kolumbus in Amerika existierten, in drei Gruppen mit je einer eigenen Stammsprache ein. Greenbergs Thesen waren zunächst heftig umstritten. Aron Dolgopolsky (Universität Haifa) hat in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts, als er noch in der Sowjetunion arbeitete, die Hypothese von der nostratischen Superfamilie entwickelt. Das Nostratische galt danach als gemeinsame Mutter des Indoeuropäischen, der drawidischen Sprachen Südindiens, der uralischen Familie (mit Finnisch und Samojedisch), der altaischen Sprachen (mit Mongolisch und Türkisch), der kaukasischen Kwartel-Sprachen und der afro-asiatischen Sprachfamilie (mit Arabisch und den Berbersprachen). Dolgopolsky hat 1600 sprachliche Wurzeln zusammengestellt, die - vergleichbar mit dem rekonstruierten indoeuropäischen Wortschatz - kulturelle Informationen vermitteln. Greenberg ordnet ganze Sprachfamilien in einige wenige Superfamilien ein, ohne sich um die Rekonstruktion ihrer Enwicklung im einzelnen zu bemühen. Seine Methode des Vergleichs vieler Sprachen erlaubte es ihm, Verwandtschaftsbeziehungen zu ermitteln, welche Linguisten, die sich einer einzelnen Sprachgruppe widmen, zwangsläufig entgehen.

Amerikaner

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