Sprachverwandtschaften

Genetischer Stammbaum des Menschen

Die von Greenberg am Beispiel der indianischen Sprachen Amerikas entwickelte Genealogie der amerindischen Sprachen (s.o.) erhielt unerwartet eine Bestätigung von einer völlig neuen Disziplin, der Genetik. Eine  Gruppe von Genetikern an der Universität Stanford unter der Leitung von Luigi L. Cavalli-Sforza entdeckte, dass die Ureinwohner der Neuen Welt sich in drei deutlich voneinander abgegrenzte genetische Gruppen gliedern. Es fiel ihm auf, dass die geographischen Grenzen dieser drei Gruppen offenbar mit den von Greenberg entdeckten drei Gruppen zusammenfallen.
Der Anthropologe Christy Turner (Tempe/Arizona)  konnte die Thesen Greenbergs zu den drei Gruppen durch eine Untersuchung der Zahnstruktur der Bewohner Amerikas bestätigen. Seine Aufgliederung ergab die gleichen Gruppen.
Der biologische Stammbaum des Menschen lässt mittlerweile einige wichtige Schlüsse für den sprachlichen Stammbaum zu. Seit 1963 gibt es Arbeiten, die belegen, dass neben den klassischen anthropometrischen Merkmalen (Hautfarbe, Körperbau) die Verteilung von Blutfaktoren (wie Rhesus-negativ; am höchsten bei den Basken) Schlüsse zulassen. Die Tatsache, dass Immun-Faktoren in einer Population Mutationen unterliegen, ist ebenfalls von Relevanz. In Arbeiten seit 1992 erkannte man, dass die Ersetzung von Nukleotiden in der mitrochondrialen DNS denselben Faktoren unterliegt. Man erkannte, dass selektionsneutrale Gene ein besserer Maßstab für die Evolution sind als selektionsabhängige Gene.
Man weiß heute, dass die genetische Distanz (GenD) zwischen Gruppen ein Maß für die zeitliche Dauer der Trennung ist. Die Gendistanz zwischen Neuguineern und Australiern beträgt =,013 (=13 Promille). Angenommen, dass diese Trennung vor 52.000 Jahren stattfand, dann entspricht jedes Promille 4.000 Jahren. Bei einer GenD von 29 zwischen Afrikanern und Asiaten, kann man erschließen, dass die Trennung vor 116.000 Jahren stattfand. Wenn die GenD zwischen NW-Amerikanern (Na Dene) und Amerindianern 8,5 beträgt, fand die Trennung vor 34.000 Jahren statt. Die GenD zwischen Nordafrikanern und Europäer-Iranern von 5 impliziert eine Trennung vor 20.000 Jahren. Vor 10.000 Jahren fand die Trennung zwischen Europäern und Iranern bei einer GenD von 2,5 statt. 
Cavalli-Sforza verdeutlichte als erster die Korrelationen zwischen der Häufigkeit bestimmter Gene in gewissen Bevölkerungsgruppen und der Zugehörigkeit ihrer Sprachen zu Sprachfamilien. Seine linguistischen Daten stammen aus den Klassifizierungen Greenbergs über die Sprachen der Welt.

Genetik Rhesusfaktor

  zurück zur Textauswahl
  zur nächsten Seite