Syntax- und Grammatikmodelle (8)

Die automatische Übersetzung - Herausforderung für Syntaxmodelle

Die automatische Übersetzung ist ein Fernziel, das linguistische Theorien benötigt, um Sprache so adäquat beschreibbar zu machen, dass ein Rechner damit umgehen kann. Die Vielzahl der sprachlichen Implikationen (vgl. die besprochenen Kommunikationsmodelle) verdeutlichen jedoch, dass eine Weltwissensbasis verbunden mit verschiedenen Handlungskompetenzen mit kulturspezfisichen, sozialen, historischen und individuellen Parametern eine wichtige Voraussetzung für ein genaues Abbild von Sprache darstellen. Dies kann eine Syntaxtheorie alleine nicht erreichen. Solange Maschinen harmlose Formulierungen in e-mails wie "you can contact me tomorrow"  mit einem eindeutigen "Sie können mich morgen berühren"... übersetzt, ist mit solchen Programmen wenig zu erreichen. 
 

Digitale Dolmetscher im Netz

Das Deutsche Forschungszentrum für künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken testet auch die auf dem Markt befindlichen Programmer, deren Qualität von "brauchbar" bis "mangelhaft" eingeschätzt wird. Automatische Übersetzungen sind als kostengünstige Bearbeitungsvorlagen für Übersetzer gefragt. Sie ersparen Arbeitszeit. Letztlich braucht die Maschine aber den Menschen. Ganz ohne ein manuelles Nachbessern kommen selbst modernste Systeme nicht aus. Sie übertragen Termini ohne ausreichende kontextsensitive Möglichkeiten in eine Sprache, d.h. sie analysieren die Ausgangssprache mangelhaft und produzieren dadurch Kauderwelsch oder lustige Stilblüten. 
Die Hersteller von automatischen Übersetzungstools versuchen die Stilblüten durch ausgefeilte Techniken zu vermeiden, sie versuchen eine satzübergreifende Analyse vorzunehmen, um dann eine Übertragung vornehmen zu können. In fachsprachlichen Kontexten wird dies sicher bald auch relativ bald akzeptabel funktionieren, ohne dass die Maschine auf den Mensch dabei verzichten kann, denn die satzübergreifende Analyse kann die übrigen Paramater, die beim Textverstehen analytisch eine Rolle spielen, nicht ersetzen. Neuere Programme speichern Korrekturen ab und bieten die korrekten Formen dann bei wiederkehrenden Formulierungen an.



Eine Stilblütensammlung:

web page translator - Gewebe Seitenübersetzer

you can type - Sie Dosentyp

Barbarei - nightclub-nightclub-egg

Sehr geehrte Damen und Herren - Dear sir or madam


Nahziele

Die KI-Forschung wird die formalen linguistischen Analysemöglichkeiten, die eine fachsprachenspefische kontextsensitive Übersetzung (unter menschlicher Revisionskontrolle) ermöglicht, in den nächsten Jahren in einem befriedigenden Ausmaß erreichen. Vermutlich werden dabei auch alltagssprachliche Phänomene berücksichtigt werden können, ohne dass die Speicherkapazität eines Notebooks gesprengt wird. Entsprechende Forschungserfolge des Computerpioniers Douglas Lenat sind vielversprechend (s. Artikel auf S. 43). Die so entwickelten Programme werden (zunächst) auf wenige Sprachen beschränkt bleiben.
Um einen weiteren Fortschritt in der automatischen Übersetzung zu erreichen, müssen aber die oben genannten weltwissenbasierten Probleme (etwa durch eine zentrale abfragbare Datenbank, die dann wieder sprachmonopolisierend  wirkt) lösbar sein, und die Lingusitik muss für die übrigen kulturellen, sozialen, psychischen und viele anderen sprachproduktionsspezifisch relevanten Probleme eine Parametrisierung finden, die formal umsetzbar, d.h. maschinensprachlich verarbeitbar ist. Die heutige Linguistik, die sich seit den 60er Jahren des vergangenen Jahrhundert verstärkt um Formallisierungsstandards bemüht hat, ist noch weit von diesem Zeiel entfernt. Mit fortschreitenden Erfolgen der automatischen Übersetzung gewinnt die Komplexität des Phänomens Sprache an Konturen und zeigt eine Fülle von Forschungsdesideraten auf.

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