Sprachliches Zeichen, Semiotik und SemantikDas sprachliche ZeichenDie Theorien zum sprachlichen Zeichen werden allgemein auf den Genfer Sprachwissenschaftler Ferdinand de Saussure (1857-1913) zurückgeführt, dessen posthum 1916 erschienenes Werk "Cours de linguistique générale" den Start in die moderne Sprachwissenschaft markierte. In seiner Abwendung von der historischen Sprachwissenschaft und durch die Beeinflussung des französischen Soziologen Durkheim sieht Saussure, "le structuraliste sans le savoir " [Georges Mounin], in der Sprache, die er in langue und parole unterscheidet, erstmals ein "fait social" und noch deutlicher "un système de signes, dont je me sers pour exprimer ma pensée", "un système de signes où tout se tient ". Dieser Systembegriff setzt eine Auseinandersetzung mit dem sprachlichen Zeichen voraus, dem "signe linguistique".Die Theorie des signe linguistique von Saussure erinnert an die aristotelische Theorie, nach der das sprachliche Zeichen sich an menschlicher Konvention (thései) orientiert und nicht an der Natur (phýsei). Erst im 20. Jahrhundert hat sich eine Wissenschaft, die Semiotik, herausgebildet, die sich mit den Zeichen und ihrem Systembezug beschäftigt. Der Amerikaner Charles Peirce unterschiedet ikonische Zeichen (ein Abbild des Gegenstandes, auf den sie sich beziehen), indexikalische Zeichen (sie beziehen sich auf etwas kausal mit dem Zeichen Verbundenes, z.B. Strahlen auf Sonne) und als komplexeste Form symbolische Zeichen (konventionelle Festlegung). Das sogenannte semiotische Dreieck (bei Ogden/Richards: [y]sense : [x]name : [z]thing) ist die bekannteste Form der symbolischen Darstellung der Bezüge.
Der Dreieckspunkt x steht sprachlich dabei für die lautliche Abfolge (name), der Punkt y für die dahinterstehende Bedeutung, die Repräsentation im Gehirn, die der lautlichen Abfolge entspricht, und der Dreieckspunkt z schließlich bezieht sich auf das Denotat, die Referenz in der weltlichen Realität. Im Chinesischen gibt es bei den meisten Zeichen, den ikonischen, noch einen Bezug zwischen dem Bezeichneten (sense) und dem Bezeichnenden , der schriftlichen Darstellung der lautlichen Abfolge (hier: der Silbe):
Daneben kennt das Chinesische aber auch rein phonetische Zeichen, die diesen Bezug nicht mehr herstellen. So wird z. B. der Name des Verfassers KLEIN im Chinesischen durch die drei Lautzeichen für die Silben KE - LAI - YIN wiedergegeben:
Die mit Buchstabenschriften dargestellten Sprachen, und mit denen beschäftigte sich Saussure, entsprechen dem symbolischen Typ nach Pierce. Für den symbolischen Typ gilt das Prinzip der Willkürlichkeit der Konvention:
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L´arbitraire du signeNach Saussure ist das signe linguistique konventionell gewählt, es ist "willkürlich" (arbitraire), d.h.. die Beziehung zwischen dem Bezeichnenden, der lautlichen Abfolge, bei Saussure dem signifiant und dem Bezeichneten, bei Saussure heißt es signifié, ist willkürlich festgelegt, "arbitraire ". Eine ähnliche Terminologie findet sich schon in der Antike. Das Bezeichnete heißt bei den Stoikern semainómenon, das Bezeichnende semainon.
Die Arbiträrität der Beziehung zwichen signifiant und signifié ist vor dem Hintergrund der gesellschaftliche Konvention zu sehen. Die Onomatopoetika, die lautmalerischen Wörter (dt.kikiriki - frz. cocorico), sind zwar zum Zeitpunkt ihrer Entstehung nicht willkürlich (es sind ikonische Zeichen), im Laufe ihrer Entwicklung passen sie sich jedoch der Konvention an und können sich verändern und werden dann zu symbolischen Zeichen, für die das arbitraire du signe uneingeschränkt gilt.
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Das
sprachliche Zeichensystem, das in Europa fast ausschließlich aus
symbolischen Zeichen besteht, ist innerhalb der Semiotik das komplexeste
Zeichensystem. Mit diesem komplexen Zeichensystem beschäftigt
sich vorrangig die Linguistik. Die linguistische Teildisziplin der
Semantik beschäftigt sich mit der
inhaltlich-konzeptuellen Seite der Zeichen. Traditionell bezeichnet man
die Semantik auch umgangssprachlich mit dem Terminus
"Bedeutungslehre
".
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