Grapheme und OrthographieDie Schrift in der Interkomprehensionsforschung
Eine völlig neue Rolle erhalten die Grapheme in der heutigen romanischen Interkomprehensionsforschung. Es geht der Interkomprehensionsforschung darum, zu zeigen, wie über die geschriebenen Sprachen einer verwandten Sprachgruppe (kognate oder nahverwandte Sprachen) ein Lese- und Hörverstehen eingeleitet werden kann, das über die gesprochenen Sprachen nicht in dieser Schnelligkeit erreicht werden kann. Für die romanische Sprachengruppe bedeutet dies, dass die Schrift einen Sprachzustand wiedergibt, der die Interkomprehension leicht ermöglicht. Es genügt, sich einige parallele Schreibkonventionen zu merken, um Texte in den kognaten Sprachen verstehen zu können. Beim Lesen bleibt die Zeit stehen. Man ist nicht unter dem Zwang der Schnelligkeit der gesprochenen Sprachkette, sondern hat Zeit zum Reflektieren und zum kognitiven Erschließen nahverwandter Strukturen.
In
Europa gibt es zur Zeit drei große Projekte, die sich mit der
Interkomprehension beschäftigen. In Frankreich Eurom4 (Aix)
und Galatea (Grenoble) und in Deutschland und
Österreich EuroCom
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LautentsprechungenDie Lautentsprechungen im Rahmen der Transferbasen von EuroCom demonstrieren wie unterschiedliche sprachliche Graphien, hier das port. nh [nj], in den nahverwandten Sprachen ihre graphischen Entsprechungen für kognate Wortentsprechungen finden. Dabei werden die Verwandtschaftsstrukturen genutzt, um die Regularitäten in den Graphien der beteiligten Vergleichssprachen zu erkennen. Der Wiederkennungsprozess von kognaten Elementen wird auf diese Weise deutlich gefördert. Es handelt sich dabei um graphematische Oberflächenabbildungen, die keine sprachhistorische Intention verfolgen, sie aber implizit berücksichtigen. ![]() |
Graphien und AussprachenSieb 4, Graphien und Aussprachen, nutzt ebenfalls die graphischen Komponenten, indem
ihre Aussprache transparent gemacht wird, um die durch
die historische Entwicklung der Graphien oft entstandene irreführende Maskerade durch das
Wissen um die Aussprache für
den Erschließungsprozess zu nutzen. Das nachfolgende rumänische Beispiel soll dies
verdeutlichen: Die Schrift mit ihren teilweise profilhaften Graphien ist ein Medium, das man anhalten kann, bei dem man die Zeit stehen lassen kann, um eine Pause einzulegen, die für den kognitiven Prozess und die damit verbundenen Anregungen wesentlich ist. Anders als das gesprochene Wort in einer nahverwandten Sprache bietet die Graphie den leichteren Zugang zur interkomprehensiven Texterschließung. Zwar haben die romanischen Sprachen zum größten Teil eine gemeinsame Schreibtradition, d.h. sie geben die entstprechenden Laute mit ähnlichen Graphien (Buchstaben) wieder. Ein kleinerer Teil der Laute tritt dann mit einem "Make-up" auf, das seine direkte Beziehung zu den anderen Sprachen oft verhüllt. Es gilt daher über das Wissen um die Beziehungen zwischen Graphien und Aussprache, das Wort so "abzuschminken", dass es "demaskiert" werden kann. In diesem Kontext werden die Graphien als Träger der Schrift zu einem wichtigen Bestandteil der Interkomprehensionsmethoden.
Link zur romanischen Interkomprehensionsforschung
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