Syntax- und Grammatikmodelle (2)

 

Definitionen

Unter Syntax versteht man in der Linguistik die Lehre vom Bau der Sätze einer Sprache. Die Syntaxtheorien unterscheiden sich im Hinblick auf:

  1. die zugrundliegenden syntaktischen Elemente und die Methoden ihrer Bestimmung.
  2. die Charakterisierung  der einzelnen Elemente, ihrer Beziehungen zueinander und ihrer Funktionen.
  3. die verschiedenen Aspekte des Satzes, die im Erklärungszusammenhang berücksichtigt werden.
  4. die Rolle der Syntax im Gesamtkonzept einer Sprachstruktur.

Vier wesentliche Satzbegriffe sind in der modernen Linguistik zu unterscheiden:

  1. Der Satz als Einheit der Parole (Saussure, taxonomischer Strukturalismus). Syntax ist entsprechend die systematische Beschreibung von Einheiten kodifizierter Äußereungen: Sätzen, Wortgruppen und Formmitteln zu ihrer Bildung (Morpheme etc.)
  2. Der Satz als eine Kette von Formativen mit zugrundeliegender hierarchischer Struktur, die von einem Regelsystem erzeugt wird (Chomsky, transformationelle Grammatik). Syntax wird entsprechend aufgefasst als Darstellung der zentralen Komponente eines integrierten Grammatikmodells, die zwischen der phonologischen und der semantische Komponente vermittelt.
  3. Der Satz als sprachliches Zeichen. Syntax wird entsprechend aufgefasst als Beschreibung des Zusammenhangs von Ausdrucksseite und Inhaltsseite der Sätze einer Sprache.
  4. Für die Informatik ist ein Satz die Einheit, die zwischen den beiden Punkten (Satzzeichen) steht.


 

Syntaxtheorien


Traditionelle Theorien: Grundtypus des Satzes beruht auf der Subjekt-Prädikat-Beziehung; kein theoretischer Anspruch.

Funktionale Syntax: Klassifikatorische Zielsetzung zur exakten Kodierung des grammatischen Systems. Keine intergrierten Grammatikmodelle, kein theoretischer Anspruch.

Empirisch-operationale Syntax: Verzichtet auf das Formulieren von Regeln für die Erzeugung grammatikalischer Sätze; die kleineren Einheiten des Satzes werden mit empirisch-operationalen Verfahren aus dem Ganzen erarbeitet. Syntax ist hier Kombinatorik von Wörtern und Satzgliedern bis hin zu komplexen Sätzen; kein theoretischer Anspruch.

Dependenzgrammatik: Sie beschreibt die Beziehung zwischen den Elementen der Sätze einer Sprache als Abhängigkeiten (Dependenz) und fasst dabei den Satz als ein hierarchisch geordnetes Ganzes auf, das durch die Abhängigkeitsrelation determiniert ist. Sie gehört zusammen mit der

Phasenstrukturgrammatik und den Modellen der Transformationsgrammatik zu den weitgehend formalisierten strukturellen Grammatik-Modellen. Kernstück der Dependenzgrammatik bildet die sog. Valenztheorie. Sie beschreibt den Grad der Abhängigkeit (Valenz) der einzelnen Satzteile der ersten Stufe vom Verb, das als Zentralknoten des Satzes angesehen wird.

Strukturalistische Syntax: Dies Basis der linguistischen Analyse sind die Äußerungen der Sprecher einer Sprache. Objekt der Analyse sind die protokollierten Äußerungen (Korpus) in einer Sprache. Ziel ist die Klassifikation der Korpuselemente auf der Grundlage ihres Vorkommens in der sprachlichen Umgebung (Distribution). Den Rahmen für die Analyse bildet der Satz, der zugleich oberste Grenze grammatischer Beschreibung ist. Die Beschränkung der Analyse auf Segmentation und Klassifikation führt zu einem taxonomischen Modell der Grammatik, das in einer Auflistung der linguistischen Elemente aufgrund von Distributionseigenschaften besteht.

Generative Syntax: Sprache wird definiert durch Angabe eines begrenzten Symbolinventars, aus dem Sätze konstruiert werden, und der Menge der grammatikalisch korrekt konstruierten Sätze dieser Sprache. Aufgabe der generativen Syntax ist es, das Inventar festzulegen und die entsprechenden Konstruktionsanweisungen explizit zu formulieren. Da die Menge der Sätze einer Sprache unendlich ist, kann eine Grammatik nur die Aufgabe haben, mit Hilfe einer begrenzten Menge von Konstruktionsanweisungen, d.h. grammatischen Regeln zur Erzeugung korrekter oder akzeptabler Sätze, alle möglichen Sätze zu beschreiben. 

 

 

  zurück zur Textauswahl
  zur nächsten Seite